Immer wieder werden durch Starkregen-Ereignisse große Schäden angerichtet. Und das, obwohl viel in den vorbeugenden Hochwasserschutz investiert wurde und z.B. auch an besseren Vorhersagemodellen durch KI gearbeitet wird (z.B. Deep Rain Projekt). Da Starkregen-Ereignisse häufig kleinräumiger Natur sind, hängt die Vorhersagequalität allerdings von vielen lokalen Faktoren ab, wie z.B. in ländlichen Räumen dem jeweils aktuellen Zustand der Vegetation und Bodenbeschaffenheit der umgebenden Flächen als Niederschlagsspeicher (s.a. Positionspapier KBU).

Stand der Technik

Als Starkregen gelten laut dem Deutschem Wetterdienst (DWD) Niederschlagsmengen von mehr als 25 Liter/qm innerhalb einer Stunde. Diese Extremniederschläge zeichnen sich zusätzlich durch ihr lokal begrenztes sowie seltenes Auftreten aus. Für die durch Starkregen gefährdete Gebiete werden von den zuständigen Kommunen in der Regel Gefahrenkarten und Risikokarten mit drei verschiedenen Eintrittswahrscheinlichkeiten erstellt.

Abbildung 1: Ausschnitt der Hochwasserrisikokarte (Kategorie HQ_häufig) für das Untersuchungsgebiet. Die Farben geben die Art der wirtschaftlichen Tätigkeit wieder (Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen: https://bit.ly/2WWYSSc).

Die amtlichen (Unwetter)Warnungen, also Vorhersagen bis zu 2 Stunden im Voraus (Nowcasting), erfolgen hauptsächlich durch Methoden der Fernerkundung durch Auswertung von Wetterradar- und Satellitenbildern und dem Einsatz numerischer Wettervorhersagemodellen (NWV-Modelle). So hat beispielsweise das vom DWD genutzte Regionalmodell COSMO-D2 eine horizontale Auflösung von 2,2 km.

Abbildung 2: Beispiel für eine Regenradar-Messung aus dem Radarverbund des DWD mit einer räumlichen Auflösung von 1 km, alle 5 min.

Darüber hinaus sind bereits vereinzelt vernetzte Sensorsysteme und simulationsbasierte Alarmsysteme für die Prognose und Warnung vor Extremwasserereignissen im Einsatz.

Anders als bei tagelangen Regenfällen, die allmählich zu Hochwasser führen, ist die Vorlaufzeit bei plötzlich und lokal begrenzt auftretenden Starkregen extrem kurz. Um vor den Auswirkungen von akuten Starkregen-Ereignisse noch besser zu schützen, ist eine automatisierte sensorgestützte Echtzeit-Lösung mit hoher Qualität der Vorwarnzeit vorteilhaft. So können Kommunen und Anwohner entsprechende Abwehrmaßnahmen in der verbleibenden Frist ergreifen. Für Einsatzkräfte der Feuerwehr ist es darüber hinaus für die Lagebeurteilung und zur Koordination der Hilfs- und Schutzmaßnahmen hilfreich, zu erkennen, wo sich Überschwemmungen ergeben werden und wie sich z.B. Scheitelpunkte des Pegelverlaufs von Gewässern vor Ort zeitlich entwickeln.

IoT und KI als Ansatz

Für die Entwicklung eines Echtzeit-Frühwarnsystem bietet das sogenannte Internet der Dinge (IoT) und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) eine interessante Möglichkeit. Im Rahmen eines Vorprojektes sollten erste Erkenntnisse für ein IoT-basiertes Frühwarnystem über einen längeren Zeitpunkt gewonnen werden. Hierzu wurden 2020 ultraschall-basierte Pegelmesser an ausgewählten Stellen entlang des kleinen Flusses Emmer in Steinheim (Kreis Höxter) an Brückenbauwerken installiert. Die Messdaten werden von den batteriebetriebenen Sensoren mit Hilfe des Funkstandards LORAWAN über in der Nähe verfügbare Gateways zur Auswertung an einen Server am Fraunhofer-Institut in Lemgo übertragen. Dort erfolgt die Speicherung, Verarbeitung und web-basierte Visualisierung der Daten über ein Dashboard auf Basis der urbanen Datenplattform FIWARE. Weiterhin wurde ein Ombrometer für die geeichte Niederschlagsmessung in der Nähe zur Bestimmung der Korrelation zwischen lokalem Niederschlag und Pegelstand installiert, das seine Daten ebenfalls per LORAWAN an den Server überträgt. In den Beobachtungszeitraum fiel auch ein mittleres Hochwasser durch ein Starkregenereignis am 23. Februar 2020.

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Hochwasser an einem Sperrwerk

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Einer der installierten Pegelsensoren in der Mitte der Brücke

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Messung der Niederschlagsmenge in der Nähe des Testfeldes

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gemessener Pegelgang mit unserem System

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Überflutete Straße am 23. Februar 2020

Ergebnisse

Dieses Vorprojekt ergab folgende Erkenntnisse für die weitere Entwicklung IoT-basierter Frühwarnsysteme:

  • Einblick in die hydrologische Dynamik und die Auswirkungen von ggf. vorhandenen Staustufen in dem Gewässerabschnitt; Mit schon wenigen Sensoren an strategisch ausgewählten Stellen ist eine automatisierte Lageerkennung grundsätzlich möglich.
  • Hinweise zur Eignung des Funkstandards LoraWAN, der eingesetzten Sensorik und IT.
  • Für die Lagebeurteilung durch die Einsatzleitung der Feuerwehr bei Hochwasser- oder Starkregenereignissen sind die hier erfassten Basisinformationen bereits hilfreich.

Es besteht hohes Potential, um Frühwarnsysteme durch folgende Maßnahmen auf ein neues Qualitätsniveau zu bringen:

  • Bestimmung der Evapotranspiration, also dem aktuellen Zustand der Vegetation und  Bodenbeschaffenheit im Einzugsbereich als Wasserrückhalt bzw. Niederschlagsspeicher
  • Da kleinräumig auftretender Starkregen von den Wetterdiensten nicht genau genug vorhersagt werden kann, können weitere Sensoren an neuralgischen Punkten, wie Sensoren zur Messung des Staus im öffentlichen Kanalsystem, oder Feuchtigkeitsmelder in Gebäuden, zur besseren Lageerkennung eingesetzt werden. Hierzu können auch Citizen Science Ansätze, wie beispielsweise das Projekt Bürgerwolke von Soest Digital, eine feinmaschige Datenlage generieren.
  • Einsatz von Verfahren des Maschinellen Lernens (KI), um z.B. Wetterradar- oder Satellitenbilder automatisch zu analysieren und vorhandene Prognosemodelle kontinuierlich zu optimieren.
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